Die Häufigkeit und Schwere von depressiven Erkrankungen wird oft unterschätzt, obwohl etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann im Laufe des Lebens an einer schweren Depression leiden. Die Verordnung von Antidepressiva hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen, was auf ein gehäuftes Auftreten von psychischen Erkrankungen schließen lässt, gleichzeitig aber auch ein Zeichen einer Entstigmatisierung von Depressionsleiden ist. Dennoch sind weltweit höchstwahrscheinlich noch mehr Menschen betroffen, als die offiziellen Statistiken der Gesundheitsbehörden widerspiegeln.
Depressionen verursachen nicht nur psychische Symptome. Der gesamte Organismus leidet, wenn die Botenstoffe im Gehirn aus dem Gleichgewicht geraten sind.
Depressionen lassen Betroffene verzweifeln und sind ironischerweise sehr schwer zu behandeln, obwohl sie zu den am häufigsten vorkommenden Erkrankungen zählen. Etwa ein Drittel der Patienten zeigt keine Besserung unter Einnahme von Antidepressiva. Ein weiteres Drittel erfährt eine gewisse Linderung der Symptome, aber keine vollständige Heilung.
Nährstoffe spielen eine wichtige Rolle
Psychische Erkrankungen sind sehr komplex und das menschliche Gehirn ist ebenso kompliziert. Die Nährstoffe, die wir unserem Körper mit der Nahrung zuführen, interagieren auf eine sehr komplexe Weise mit dem Körper. Die neuropsychologische Forschung arbeitet weiterhin daran, zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert und wie Nährstoffe die Funktionsweise des menschlichen Gehirns beeinflussen. Es gibt dazu aber schon einige vielversprechende Ansätze.
Das Gehirn benötigt für die Produktion von Botenstoffen sehr viel Energie. Ohne die richtigen Nährstoffe in ausreichenden Mengen kann das Gehirn nicht normal funktionieren. Studien haben ergeben, dass eine Ernährung mit überwiegend nährstoffarmen, stark verarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für eine Depressionserkrankung um 60% erhöht.
Andere Studien haben gezeigt, dass ein Mangel an gewissen Nährstoffen sich in Symptomen äußert, die denen einer psychischen Erkrankung stark ähneln.
Gehirn und Darm sind eng vernetzt
Chronische Entzündungen entstehen, wenn das Immunsystem eine Abwehrreaktion vollzieht und diese nicht mehr einstellt. Der daraus resultierende Schaden und das entstandene chemische Ungleichgewicht werden mit einer Anzahl an Erkrankungen in Zusammenhang gebracht, darunter Krebs, Herzerkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Depression.
Es wird vermutet, dass entzündungsfördernde Zytokine mit anderen Proteinen im Gehirn reagieren und Veränderungen hervorrufen, welche die Entstehung von depressiven Erkrankungen fördern.
Es wurden auch einige Nährstoffe ausgemacht, die eine gesunde Hirnfunktion unterstützen.
Ein gesundes Magen-Darm-System spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle, denn der Verdauungstrakt sorgt nicht nur dafür, dass Nahrung durch den Körper geschleust wird. Die Hauptfunktion des Darms ist die Aufnahme von Nährstoffen für den gesamten Körper, auch für das Gehirn. Eine weitere Funktion des Verdauungstraktes ist das Unschädlichmachen von gefährlichen Bakterien und anderen Molekülen, damit diese sich nicht in anderen Körperteilen ausbreiten und diese schädigen.
Um diese Aufgaben entsprechend ausführen zu können, benötigt der Darm gesunde Zellen und eine gesunde Darmflora, welche dabei hilft, Vitamine herzustellen, Mineralstoffe zu absorbieren und Nahrung zu verdauen.
Ist die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten und sind die Darmschleimhäute irritiert oder entzündet, kann sich das negativ auf das Gehirn auswirken. Pro Stunde strömen 60 Liter Blut durch das Gehirn und versorgen es mit Sauerstoff, Nährstoffen und entfernen Abfallprodukte. Verfügt das Blut nicht über ausreichend Nährstoffe oder ist es mit Schadstoffen belastet, schränkt das die Hirnfunktion ein, insbesondere die Fähigkeit, ausreichend Botenstoffe freizusetzen.
Das Glückshormon Serotonin wird überwiegend im Verdauungstrakt produziert und nicht im Gehirn. Ein krankes Verdauungssystem kann die Serotoninproduktion beeinträchtigen, sodass weniger Serotonin im Gehirn vorhanden ist.
Im Biologieunterricht werden Mitochondrien vereinfacht gerne als Kraftwerke der Zelle bezeichnet.
Neue Studien zeigen, dass Mitochondrien eine wichtige Rolle in der Hirnfunktion und Wahrnehmung spielen und dass Erkrankungen oder Beeinträchtigungen der Mitochondrien psychische Erkrankungen, darunter Depressionen, fördern. Wie die Mitochondrien gesund erhalten werden, ist noch nicht komplett erforscht, aber es ist bekannt, dass sie eine große Anzahl an Nährstoffen benötigen.
Das Gehirn stellt aus den zugeführten Nährstoffen sogenannte neurotrophe Faktoren her. Diese Proteine sind essenziell für das Zentrale Nervensystem. Studien weisen auch darauf hin, dass sich neurotrophe Faktoren günstig auf die Neuroplastizität auswirken – die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen, neu zu vernetzen und zu wachsen. Diese Eigenschaften sind bei der Überwindung von Trauma und psychischen Erkrankungen von besonderer Bedeutung.
Natürlich wirken sich alle Faktoren, die dem Körper guttun, auch positiv auf das Gehirn aus. Alles, was der Gesundheit förderlich ist, also frische Luft, Sonnenlicht, sauberes Wasser, Sport, Entspannung, Vitamine und Mineralstoffe, eine bessere Blutzirkulation, unterstützen das Gehirn.
Natürliche Hilfsmittel bei Depressionen
Mit der Einnahme gewisser Nährstoffe und Lebensmittel kann man jedoch eine gesunde Hirnfunktion gezielt unterstützen.
Omega-3-Fettsäuren aus Fisch, Nüssen, Samen und Algen-Ölen: Omega-3-Fettsäuren liefern wichtige Bausteine für die gesunde Entwicklung und Funktion des Gehirns. Sie spielen möglicherweise auch eine Rolle bei der Vorbeugung von Alzheimer. Mit Hinsicht auf Depressionen liegen keine eindeutigen Ergebnisse vor; es wird vermutet, dass die gezielte Einnahme dieser gesunden Fette in der Form von Fischöl die Symptome von Depressionen lindern könnte, aber gesicherte Ergebnisse stehen noch nicht fest.
B-Vitamine aus Fleisch, Eiern, Meeresfrüchten, grünem Blattgemüse, Gemüse und Vollkorn: Studien haben ergeben, dass ein Vitamin-B-Mangel, insbesondere ein Mangel an Vitamin-B12, mit Depression in Zusammenhang steht, obwohl noch nicht genau erklärt werden kann, warum. Die gezielte Einnahme von Vitamin-B12, B6 und Folsäure in der Form von Nahrungsergänzungsmitteln verbesserte in einer Studie die Wirksamkeit von Antidepressiva.
Vitamin-D durch Sonneneinstrahlung, angereicherte Frühstückszerealien, Brot und Säfte und Milch: Vitamin D spielt bei der Entwicklung und der Funktion des Gehirns eine wichtige Rolle. Ein Mangel an Vitamin-D wird mit Depression und Stimmungsschwankungen in Verbindung gebracht, obwohl die Forschung auch hier bisher keine eindeutigen Ergebnisse dazu vorlegen kann.
Selen aus Paranüssen, Kabeljau und Geflügel: Selen ist ein essenzieller Mikronährstoff, der mit der Nahrung zugeführt werden muss. Unter anderem bildet Selen zusammen mit weiteren Nährstoffen Antioxidantien in den Zellen. Viele Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen niedrigem Selenspiegel und Depression, warum aber genau, ist noch unklar. Es wird vermutet, dass Selen als Antioxidantie notwendig ist, um einer Depression vorzubeugen oder diese zu beenden.
Tryptophan aus Proteinquellen wie Truthahn, Rindfleisch, Eiern, grünem Blattgemüse: die Aminosäure Tryptophan ist eine Vorstufe von Serotonin. Ein Mangel an Tryptophan kann bei Menschen, die einmal mit Antidepressiva behandelt wurden, depressive Symptome hervorrufen.
Für eine gesunde Darmflora kann man Joghurt und fermentierte Speisen wie Sauerkraut und Kimchi zu sich nehmen oder Kombucha trinken. Diese müssen in roher, nicht pasteurisierter Form eingenommen werden, um den Körper mit lebenden Bakterien zu versorgen. Diese Produkte sind meist im Reformhaus oder Bio-Fachhandel erhältlich. Probiotische Bakterien sind auch als Kapseln in der Drogerie oder Apotheke erhältlich.
Fleisch und Milchprodukte sollten möglichst nicht mit Antibiotika und Hormonen belastet sein. Bio-Produkte sind in dieser Hinsicht sicherer.
Antibiotika sollten, nur wenn unbedingt notwendig eingenommen werden, da sie gute Bakterien im Darm mit abtöten. Nach einer Behandlung mit Antibiotika kann man die Darmflora mithilfe von Probiotika und fermentierten Speisen stärken.
Zucker und einfache Kohlenhydrate sollten vermieden werden, da sie Entzündungsprozesse im Körper fördern.
Abschließend, Sport ist eines der wirksamsten natürlichen Hilfsmittel bei Depressionen. Der Körper setzt dabei Endorphine frei, die Stress abbauen, Angstzustände verbessern und das Schmerzempfinden lindern. Eine regelmäßige sportliche Tätigkeit steigert das Selbstbewusstsein und sorgt für einen gesunden Schlaf.